„Da vorne bist Du das Allround-Paket“

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19. März 2024, 12:46 Uhr

Artikel: „Da vorne bist Du das Allround-Paket“

Schon als Kind saß Sabrina Altieri im Bus gern vorne. Heute ist sie Lieblingsbusfahrerin. Hier erzählt sie, was ihr Opa damit zu tun hat und warum Fahren Teamarbeit ist.

Zukunft Nahverkehr: Sabrina, Du bist auf der ZukunftNahverkehr zur Lieblingsbusfahrerin gekürt worden. Die Presse hat darüber berichtet, das Foto zeigt Dich in einem T-Shirt, auf dem „Just a Girl who loves Bus Driving“ steht. Woher kommt Deine Liebe zum Busfahren? 

Sabrina: Ich glaube, die ist mir in die Wiege gelegt worden. Mein Opa ist Busfahrer. Mein Onkel ist Busfahrer und meinen Mann habe ich während meiner Ausbildung zur Berufskraftfahrerin kennengelernt. Er ist auch Busfahrer. Abgesehen davon hatte ich schon bei meiner Erstausbildung zur Mechatronikerin mit Autos zu tun. Bei einem Schulausflug habe ich dann mit einer Busfahrerin geplaudert, die mir die Telefonnummer von meinem späteren Ausbilder weitergegeben hat – und irgendwie war meine Leidenschaft für Technik und Busfahrzeuge dann doch größer als für die Mechatronik. 

Zukunft Nahverkehr: Dann durftest du als Kind sicher manchmal mit Deinem Opa mitfahren, oder? 

Sabrina: Ja. Er ist ja viel Schulbus, Reise und Linie gefahren. 

Zukunft Nahverkehr: Hattest Du damals einen Lieblingsplatz?  

Sabrina: Ich saß am liebsten ganz vorne, weil ich immer sehen wollte, was die Busfahrer machen. Das hat mich als Kind sehr beeindruckt. Ich habe mir auch Opas Ringfinger mit dem goldenen Ehering und seine Handhaltung gemerkt, wenn er den Retarderhebel von dem 315er Setra nach unten gezogen hat. Jetzt mache ich das tatsächlich selbst in meinem Bus.  

Zukunft Nahverkehr: Also erst ist Dir die Liebe zum Busfahren in die Wiege gelegt worden, und als Busfahrerin hast Du dann mit einem Mal erfahren, dass Du von den Fahrgästen auch ein bisschen geliebt wirst. Wie fühlt sich das an? 

Sabrina: Ich versuche meinen Fahrgästen immer zu vermitteln, dass ich das, was ich mache, liebend gerne tue. Deshalb freut es mich um so mehr, wenn sie das anerkennen und sich freuen, mich zu sehen. Hakan, einer der andere Busfahrer, die gemeinsam mit mir zum Lieblingsbusfahrer gekürt wurden, hat gesagt, es gibt nichts Schöneres als Fahrgäste, die mit einem Lächeln einsteigen und den Bus mit einem Lächeln wieder verlassen – und da hat er tatsächlich recht. Deshalb kränkt es mich schon auch ein bisschen, wenn Leute reinkommen und nach dem Motto „Die schon wieder“ die Augen verdrehen. 

Zukunft Nahverkehr: Die Branche hat die Aktion auch ins Leben gerufen, um die Busfahrer:innen und ihre Arbeit öffentlich zu würdigen. Wie kommt die Auszeichnung denn bei Dir und Deinen Kolleg:innen an? 

Sabrina: So ein Auszeichnung ist etwas ganz Besonderes und ich freue mich darüber persönlich sehr. Aber sie gilt natürlich nicht nur mir, sondern dem ganzen Team. Wenn wir nicht so gut zusammenhalten würden und das Arbeitsklima nicht so toll wäre, könnten wir alle unseren Job nicht so machen, wie wir es tun. Die Auszeichnung ist also eigentlich ein Verdienst aller, auch wenn sie mir persönlich gilt. 

Zukunft Nahverkehr: Dann ist das Busfahrer-Dasein gar nicht so ein Lonely-Cowboy-Job wie es aus der Fahrgastperspektive scheint. Wo kommt es denn besonders auf Teamarbeit an? 

Sabrina: Das kann man gar nicht so auf einen Nenner bringen, weil es so unterschiedliche Bereiche sind. Aber wenn Du auf eine andere Linie umgeswitcht wirst, oder irgendwo einen Schienenersatzverkehr fährst, ohne die Strecke zu kennen, dann geht das nur, weil die Kollegen mit einspringen und Dich irgend jemand lotst, wenn das Navi nicht mehr weiterhilft. Wenn jemand Scheibenwasser braucht, einen Dienst tauschen muss oder wie auch immer in Schwierigkeiten ist, unterstützen wir uns gegenseitig. Wir sind alle ein Team und halten zusammen. Das gilt auch für den Chef.  

Zukunft Nahverkehr: Hat sich durch die Auszeichnung zur Lieblingsbusfahrerinnen irgendetwas bei Dir verändert. Machst du heute andere Sachen als vorher? 

Sabrina: Für mich ist alles wie immer geblieben und ich mache, was ich immer mache. Wenn die Leute meine Arbeit wertschätzen, finde ich das natürlich super und habe noch mehr Spaß daran. Und wenn ich Spaß daran habe, fühlen sich die Leute im Bus auch wohl. Das ist das Schöne daran und das ist mir auch wichtig. Es ist einfach wichtig, sich zu kümmern und Menschlichkeit zu zeigen. Die Fahrgäste sprechen ja auch mit Dir. Als Busfahrerin bist Du deshalb immer auch ein bisschen Psychologin, Arzthelferin oder Erzieherin und manchmal auch Pausenclown. Eigentlich bist Du da vorne ein Allround-Paket. 

Zukunft Nahverkehr: Im Herbst steht die 2024er Wahl der Lieblingsbusfahrer:innen an. Wirst du hinfahren und schauen, wie sie ausgeht?  

Sabrina: Ich bin auf jeden Fall dabei. Ich möchte auch gerne wissen, was im nächsten Wettbewerb so passiert und werde dann fleißig die ganzen Geschichten der anderen Kollegen lesen. Das habe ich auch im vergangenen Jahr gemacht, nachdem wir die Liste bekommen hatten. Ich bin mal gespannt und freue mich für jeden, der das Gleiche miterleben darf, wie ich es erleben durfte.