„Wir testen hier die Zukunft des ÖPNV“

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07. Januar 2025, 09:00 Uhr

Artikel: „Wir testen hier die Zukunft des ÖPNV“

Vorfahrt für den autonomen ÖPNV: Baden-Württemberg verlängert das RABus-Projekt, der Bund sieht den ÖPNV als Impulsgeber, das Kraftfahrbundesamt enormes Potenzial.

Schon 2021 hat der Gesetzgeber grünes Licht für die Teilnahme autonomer Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr gegeben. Jetzt hat die Bundesregierung die Strategie vorgestellt, die den Rechtsrahmen mit Leben füllen und autonomes Fahren auf die Straße bringen soll. Im Fokus: ÖPNV und Güterverkehr. 

Beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen VDV hört man das gerne, mahnt allerdings auch mehr Tempo bei der Entwicklung an: Während in den USA und China bereits Level-4-Robotaxis im Einsatz seien, sei man hierzulande noch zu sehr auf Fahrerassistenzsysteme bis Level 3 fokussiert. Politik und Industrie, so der Verband, sollten sich deshalb im ÖPNV verstärkt dem Level 4 zuwenden, um vollständig autonome Fahrzeuge auf die Straße zu bringen. 

In Friedrichhafen ist das bereits passiert. Wer den Nahverkehr von morgen schon heute erleben will, kann dort seit Ende August in eines der autonomen Bus-Shuttles steigen, die im Rahmen des RABus-Projekts eine sechs Kilometer lange Teststrecke im Linienbetrieb bedienen. Die Busse verkehren an Werktagen montags bis freitags von 9-11 Uhr und von 13-15 Uhr, verbinden das ZF-Forum mit dem Klinikum und bedienen zwölf Haltestellen. RABus steht für „Reallabor für automatisierten Busbetrieb im ÖPNV in der Stadt und auf dem Land“; Ziel des Projekts ist es, Erkenntnisse über den Einsatz autonomer Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen sowie deren Akzeptanz bei den Fahrgästen zu gewinnen. 

Das ist dem Projektkonsortium mit den batterieelektrisch betriebenen Kleinbussen, die innerhalb der Stadt mit Tempo 40 und außerhalb mit Tempo 60 unterwegs sind und ihre Strecke vollständig autonom zurücklegen können, ganz offensichtlich gelungen. Anders als in Mannheim, wo das RABus-Projekt Ende 2024 nach rund dreimonatigem Testbetrieb in einem neu entwickelten Wohngebiet planmäßig endet, wird es am Bodensee bis Ende Juni 2025 verlängert und erhält für diesen Zeitraum weitere Fördermittel vom Land.  

„RABus und vergleichbare Forschungsprojekte sind wegweisend für die Zukunft des klimaneutralen Verkehrs. Durch die Verlängerung können wir den autonomen Betrieb noch weiter optimieren und mit den gewonnenen Erkenntnissen eine Basis für den landesweiten Einsatz autonomer Shuttles schaffen. Vor allem ländlichere Regionen können durch autonome Shuttles in Zukunft deutlich besser an den ÖPNV angeschlossen werden“, sagte Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann bei der Ankündigung. 

Darüber freut sich nicht nur Dr.-Ing. Ulrike Weinrich, Projektleiterin RABus am Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren Stuttgart (FKFS), die RABus als „Vorzeigeprojekt für die enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Industrie und öffentlichem Nahverkehr“ schätzt. Die Verlängerung dürfte auch bei den über 1.400 Interessierten gut angekommen sein, die sich bis Mitte November 2024 für eine Fahrt angemeldet haben, von denen aber noch nicht alle zum Zug gekommen sind. 

Bestätigt sich die Prognose von Richard Damm, Präsident des Kraftfahrbundesamtes KBA, werden autonome Busse schon in fünf bis zehn Jahren ganz selbstverständlich im Verkehr mitschwimmen. „Die Anschaffung ist zwar teuer“, zitiert ihn die neuen Osnabrücker Zeitung, „aber die Vorteile, die gewonnene Flexibilität, sind riesig: In Stoßzeiten können Konvois gebildet werden, zwei, drei oder mehr Shuttlebusse hängen aneinander. Während der Schule oder Arbeitszeit oder in den Abendstunden, parken sich die überzähligen Busse ein, und nur noch ein Shuttle fährt, also bedarfsgerecht. Das bringt entscheidendes Sparpotenzial. Noch nicht alle Verkehrsbetriebe haben das ausreichend im Blick, sollten aber diesen Möglichkeiten mehr Beachtung schenken.“ 

Magdalena Linnig muss er davon nicht mehr überzeugen. „Wir testen hier die Zukunft des städtischen ÖPNV“, ist die Geschäftsführerin des Stadtverkehr Friedrichshafen überzeugt.