Artikel: Berlin mal ganz vorn und mal ganz am Schluss
Im internationalen Metropolenvergleich nutzen die Berliner:innen den ÖPNV besonders intensiv. Wirklich zufrieden sind sie aber nicht, zeigt eine globale Studie.
Nach einer Studie zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel in zwölf globalen Metropolen haben Berlin, Singapur, London und Paris erstaunliche Gemeinsamkeiten. Nur in diesen Städten nutzen die vom Marktforschungsunternehmen Savanta ComRes befragten Bürger:innen den ÖPNV für die Pendlermobilität lieber als das Auto. In Singapur ziehen 85 Prozent der Bürger:innen Bus und Bahn dem Pkw vor. In London sind es 70 Prozent, in Berlin 68 und in Paris 62 Prozent.
Allerdings wäre es voreilig, aus diesen Zahlen zu schließen, dass die Berliner:innen mit dem ÖPNV in ihrer Stadt auch rundum zufrieden sind. Tatsächlich ist der Studie der zufolge eher das Gegenteil der Fall: Mit einer Zustimmung von nur 50 Prozent ist Berlin das Schlusslicht bei der Frage nach der Bequemlichkeit des ÖPNV. Selbst in Washington D.C., wo der ÖPNV im Metropolenvergleich dem Individualverkehr am deutlichsten hinterherfährt, finden 53 Prozent der Befragten das Nahverkehrssystem bequem.
Um dieses Ergebnis für Berlin zu erklären, verweist die Untersuchung auf unzuverlässige Verbindungen und Kapazitätsengpässe, deren Folgen mit einer verbesserten Fahrgastinformation und -lenkung gemildert werden könnten. Von allen in der Studie einbezogenen Städten wünschten sich am häufigsten die Berliner:innen präzise Echtzeitinformationen über Anschlussmöglichkeiten und die Auslastung der verschiedenen Verkehrsmittel.
Vier von fünf Befragten würden den ÖPNV häufiger nutzen, wenn sie stark ausgelastete Verkehrsmittel vermeiden könnten. Zwei Drittel würden den öffentlichen Personennahverkehr eher nutzen, wenn sie schon im Voraus sehen könnten, wie stark ausgelastet die ankommenden Verkehrsmittel sind.
Betrachtet man den globalen Trend, stellt die Studie eine Abschwächung der Dominanz des Autos fest. Von den weltweit 12.000 Befragten nutzten 80 Prozent im städtischen Verkehr zumindest manchmal das Auto. Ein Jahr zuvor waren es 86 Prozent. Eine besonders große Rolle spielt der Individualverkehr über Washington D.C hinaus in San Francisco und Dubai.
Allerdings hat die Studie gerade auch in solchen Städten, in denen das Auto klar vorherrscht, große Unterstützung für Investitionen in den ÖPNV festgestellt. Weltweit würden fast vier von fünf Befragten Investitionen in die öffentlichen Verkehrssysteme gegenüber Investitionen in den Straßenbau bevorzugen. Der Studie zufolge hängt die Wahl des Verkehrsmittels in allen betrachteten Städten vor allem von drei Faktoren ab: Kosten, Komfort und Bequemlichkeit. Den Aspekt der Nachhaltigkeit hält die Studie für weniger bedeutend – allerdings bei einer großen Spannbreite der Ergebnisse.
Savanta ComRes hat im November und Dezember 2023 jeweils mindestens 1.000 Bürger:innen in San Francisco, Toronto, Washington D. C., London, Paris, Mailand, Kopenhagen, Berlin, Warschau, Dubai, Singapur und Sidney befragt. In Auftrag gegeben wurde die Studie von Hitachi Rail.