Artikel: Eine Pizza oder zwei Bier
Das Deutschland-Ticket kostet ab 2025 nicht mehr 49, sondern 58 Euro. Wie lässt sich die Entscheidung der Landesverkehrsminister einordnen? Versuchen wir es mal.
Der Vorhang zu, und alle Fragen offen? Manche vorhergehenden Runden zum Preis und zur Finanzierung des Deutschland-Tickets hätte man mit diesem Zitat von Bert Brecht („Der gute Mensch von Sezuan“) beschreiben können. Diesmal stimmt das so nicht. Tatsächlich hat die Sonderkonferenz der Landesverkehrsminister unter Vorsitz des nordrhein-westfälischen Verkehrsministers Oliver Krischer erfreuliche Klarheit gebracht. Dass die Landesverkehrsminister sich trotz mancher Divergenzen recht geräuschlos haben einigen können, ist dabei die wichtigste Nachricht. Ebenso wichtig ist, dass die Branche dem Ergebnis einhellig zustimmt. Ingo Wortmann, Präsident des Verbands deutscher Verkehrsunternehmen, nannte den Beschluss einen klugen, mutigen und notwendigen Schritt. Thomas Prechtl, Präsident des Bundesverbands Schienennahverkehr, lobte die Entscheidung, weil sie Verlässlichkeit signalisiere.
Gewartet haben auf dieses Signal zuallererst die Fahrgäste, Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen. Man kann die Einigung der Landesverkehrsminister aber ebenso als politisches Signal verstehen: Wenn sich die Länder hinter dem D-Ticket versammeln, dann kommt keiner mehr dahinter zurück. Auch dann nicht, wenn sich nach Wahlen die Mehrheiten ändern. Das D-Ticket Ticket hat Fakten geschaffen, die Bestand haben und in die Zukunft wirken. Darauf stellen sich auch die Aufgabenträger ein. So zum Beispiel der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr, der sein Ticketsortiment radikal bereinigt und vereinfacht – und dies auch als Bekenntnis zum D-Ticket verstanden wissen will.
Wohin man auch hört, wird das D-Ticket als Erfolgsmodell gelobt, als Revolution gefeiert, als Impuls für eine Modernisierung nicht nur der Tarifstrukturen verstanden. Auf die Fahne schreiben kann sich das vor allem der Bund, von dem die Initiative ausging. Dass aber ausgerechnet der Bund sich ziert, sich dauerhaft finanziell zum D-Ticket zu bekennen, gehört zu den Widersprüchlichkeiten rund um das D-Ticket. Gut zu verstehen ist, dass NRW-Verkehrsminister Krischer eine klare Aussage des Bundes zur finanziellen Beteiligung über 2025 hinaus fordert. Schließlich braucht die Branche Planungssicherheit. Schwer nachvollziehbar ist dagegen, warum der Bund die Hängepartie nicht beendet, die seinen eigenen Erfolg schmälert. Ein Ausstieg aus der Mitfinanzierung ist ohnehin kaum vorstellbar. Damit wäre nicht nur das D-Ticket am Ende, sondern auch ein Sturm der Entrüstung die Folge.
Und die Höhe der Preisanpassung? Neun Euro mehr wird das Ticket künftig kosten. Ob man das als zu viel oder zu wenig betrachtet, hängt davon ab, was das D-Ticket leisten soll und kann. Aus sozial- und klimapolitischer Sicht ist jeder Euro, den das Angebot mehr kostet, absolut schädlich und ein Euro zuviel. Aber richtig ist auch, dass das Ticket nicht nur für die Fahrgäste bezahlbar bleiben muss, sondern auch für die öffentlichen Haushalte. Je 1,5 Milliarden geben Bund und Länder für das D-Ticket aus. Keine Kleinigkeit. Würde das D-Ticket scheitern, weil Bund und Ländern die Luft ausgeht, wäre niemandem gedient und der klima- und sozialpolitische Schaden immens.
Zudem hat Mobilität hat ihren Preis. Ein attraktives Verkehrsangebot kostet. Die Nutzerinnen und Nutzer daran zu beteiligen, ist nicht ehrenrührig. Sie mehr daran zu beteiligen als das jetzt beschlossen worden ist, wäre auch eine Option gewesen. Denn auch mit 58 Euro bleibt das Deutschland-Ticket unschlagbar günstig. So gesehen ist die Erhöhung ein gelungener Kompromiss. Sie verschafft den Verkehrsunternehmen und Aufgabenträgern immerhin Entlastung und überfordert dabei die Fahrgäste nicht. Neun Euro mehr sind der Gegenwert einer Pizza Salami oder zweier Gläser Bier. Das sollte drin sein für einen Monat deutschlandweit freie Fahrt in allen Bussen, Bahnen und Zügen des Nah- und Regionalverkehrs.