Einschienenbahn geht mit Anschub in die Zukunft

Zum Inhalt springen
09. Januar 2024, 13:22 Uhr

Artikel: Einschienenbahn geht mit Anschub in die Zukunft

Monocab OWL haucht einem alten technischen Konzept neues Leben ein. Die Projektpartner freuen sich über frische Fördermittel und haben sich viel vorgenommen.

Besser hätte das alte Jahr für die Macher:innen des Projekts „Monocab OWL“ nicht zu Ende gehen können. Der Bund will die Idee einer Einschienenbahn auf stillgelegten Eisenbahngleisen in den nächsten drei Jahren mit sieben Millionen Euro fördern. Und wo die Monocabs ihren ersten großen Publikumsauftritt bekommen sollen, steht auch fest: auf der Internationalen Gartenausstellung Metropole Ruhr (IGA) 2027 in Dortmund. Bis dahin hat das Projektteam alle Hände voll zu tun. Aus „Hermann“ und „Tusnelda“, die als Erprobungsträger auf einem stillgelegten Abschnitt der Extertalbahn in Ostwestfalen-Lippe im Einsatz sind, soll zügig die nächste Fahrzeuggeneration entwickelt werden. 

Monocab OWL ist das Ergebnis einer bemerkenswerten Kooperation, die zum ersten Mal 2018 mit dem Gewinn des Deutschen Mobilitätspreises in der Kategorie „Open Innovation“ auf sich aufmerksam machte. Es sind nicht nur die Ingenieurinnen und Ingenieure der Technische Hochschule Ostwestfalen, der Hochschule Bielefeld und des Fraunhofer IOSB-INA in Lemgo, die das Projekt vorantreiben. Monocab ist ein Aushängeschild der Region Ostwestfalen-Lippe und trägt den Zusatz „OWL“ aus Überzeugung im Namen. Schirmherr von Anfang an ist der Landrat des Kreises Lippe, Dr. Axel Lehmann, Unterstützung kommt unter anderem vom Verkehrsverbund Ostwestfalen-Lippe (VVOWL) sowie von den Verkehrsbetrieben Extertal. Das Land NRW ist und der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) haben dem Projekt mit Fördermitteln in Schwung gebracht. Und für die Eisenbahnfans der Landeseisenbahn Lippe e. V., die für den Museumsbetrieb auf der Extertalbahn sorgen, ist Monocab OWL ein Herzensanliegen. Denn wo ihre historischen Züge nicht mehr fahren können, nämlich im stillgelegten Abschnitt zwischen Bösingfeld und Rinteln, stehen mit den Monocab-Testfahrten jetzt alle Zeichen auf Innovation.  

Das technische Konzept ist zwar nicht neu, hat es aber nach seiner Erfindung durch den irisch-australischen Ingenieur Louis Brennan im Jahr 1907 nie in die Praxis geschafft. Wie der Reiter im Sattel sitzen die Stahlräder auf einer Eisenbahnschiene, wobei das Fahrzeug durch einen Kreisel gyroskopisch stabilisiert wird. Nach dem Monocab OWL-Konzept finden bis zu sechs Fahrgäste in der Kabine Platz. Batteriebetrieben sollen die fahrerlosen Monocabs auf beiden Schienen eines Gleises in dichter Folge die Fahrgäste befördern, die sie anfordern. Zum Einsatz kommen soll das System auf stillgelegten Strecken, bei denen das Gleis noch vorhanden ist. Davon gibt es bundesweit schätzungsweise 6.000 Kilometer. Thorsten Försterling, Kommunikator und Vordenker des Monocab OWL: „Die Zukunft der Mobilität im ländlichen Raum ist individuell. Eine Lösung muss gut und einfach sein. Sie muss intuitiv sein und sich selbstverständlich anfühlen.“ 

Und gut aussehen soll sie auch. Dafür hat das Projektteam das Designmodell einer Kabine entwickelt. Die Außenhülle besteht aus Naturfaserverbundstoffen, vor allem Flachs und Naturharzen, kommt dank verspiegelter Flächen aber zugleich futuristisch daher. Auch im Innenraum spielen organische Materialien wie Holz, Kork und Cellulose die Hauptrolle. Die Ausstattungskomponenten lassen sich unterschiedlich konfigurieren. Das ermöglicht die Mitnahme auch von Fahrrädern, Kinderwagen, Rollstühlen und sogar Fracht.  

Ganz so schick sind die beiden Erprobungsträger zwar nicht. Aber „Hermann“ und „Tusnelda“ zeigen, dass das technische Konzept funktioniert, balancieren auf den Testabschnitten bei Bösingfeld mit unterschiedlichen Beladungszuständen sicher auf der Schiene und erreichen dabei gehobene Schrittgeschwindigkeit. Beim ausgereiften Fahrzeug hält das Projektteam bis zu 70 km/h für machbar. Der Weg dorthin ist zwar noch lang. Aber die nächsten Meilensteine über die IGA in Dortmund hinaus haben die Macher:innen bereits ins Auge gefasst: Ab 2028 soll Monocab OWL in einen größer angelegten Testregelbetrieb in Lippe gehen und zuvor schon auf dem Innovation Campus in Lemgo als Campusbahn fahren.