Guter ÖPNV allein ist zu wenig

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10. Januar 2024, 15:05 Uhr

Artikel: Guter ÖPNV allein ist zu wenig

Klimawandel und rasches Wachstum stellen Städte weltweit vor große verkehrliche Herausforderungen. Der Urban Mobility Readiness Index zeigt, ob sie ihnen gewachsen sind.

Stadtluft macht zwar frei, kann Städten aber auch den Atem rauben, wenn es ihnen nicht gelingt, Wachstum, Ressourcen und Verkehr nachhaltig zu managen. Das bestätigt einmal mehr der Urban Mobility Readiness Report, den die University of California (UC) Berkeley jetzt gemeinsam mit dem Oliver Wyman Forum vorgelegt hat. Im Fokus: 65 Global Cities von A wie Abu Dhabi bis Z wie Zürich und die Frage, inwieweit sie den Anforderungen gewachsen sind, die mit der Entwicklung zukunftstauglicher urbaner Mobilität schon jetzt verbunden sind oder später auf sie zukommen. Spoiler: Eine leistungsstarker ÖPNV allein reißt es nicht raus. 

Was die Studie von vielen anderen unterscheidet, ist nicht nur ihr multidimensionaler Blick auf die Herausforderungen, die durch den Klimawandel und die fortschreitende Urbanisierung auf die Städte und ihre Verkehrssysteme zukommen. Es ist auch das breite Spektrum von Kategorien, Kriterien und Kennziffern, die in den Urban Mobility Readiness Index einfließen – darunter Indizes für die Bewertung des Verkehrssystems nach Nachhaltigkeitskriterien, Art und Umfang öffentlicher Mobilitätsangebote, aber auch Themen wie die sozialen Auswirkungen etablierter Mobilitätssysteme, das Zusammenspiel von privatem und öffentlichem Sektor sowie die Innovationsfähigkeit von Mobilitätslandschaften und die Infrastruktur. Satte 56 Kriterien kommen so zusammen.  

Am stärksten gewichtet sind die unmittelbaren Auswirkungen der Mobilität auf Mensch und Gesellschaft. „Faktoren wie Verkehrssicherheit, Luftqualität und der Anteil der Ausgaben, die dem Transport von Menschen und Gütern zugute kommen, haben unmittelbare Auswirkungen auf die Lebensqualität der Bevölkerung”, erläutert Alexandre Bayen, Professor für Elektrotechnik und Informatik an der UC Berkeley die Gewichtung. Einen nahezu ebenso großen Einfluss hat die Infrastruktur, zu der unter anderem die Konnektivität zwischen Verkehrsträgern, die Anzahl und Erreichbarkeit von Haltestellen und Stationen, aber auch autofreie Zonen, Radwege oder eine fußgängerfreundliche Straßengestaltung zählen. 

Klar, dass so ein Design nicht ohne Folgen für das Ranking bleibt. So fährt Hong Kong mit seinem ÖPNV-Angebot zwar die meisten Punkte ein, während Oslo in Sachen Nachhaltigkeit auf Platz eins landet. Für rosige Zukunftsaussichten ist das aber dennoch zu wenig, weil es beispielsweise an radverkehrsgerechter Infrastruktur fehlt oder die Einführung von elektrisch betriebenen Autos nicht schnell genug vorankommt. 

Gleichzeitig konnten Städte Punkte gut machen, die in Europa kaum jemand auf dem Schirm haben dürfte. Bangkok etwa schneidet deutlich besser ab als in den Vorjahren, weil es der Stadt durch günstigere Ticketpreise und besseren Service gelungen ist, die Fahrgastzahlen im öffentlichen Verkehr zu steigern. Dasselbe geschah mit Jeddah in Saudi-Arabien. Den Grund liefert der Report gleich mit: Städte, die stetig in den urbanen Transformationsprozess investieren, werden effizienter und haben eine mobilere Bevölkerung.  

Auf den ersten drei Plätzen finden sich trotzdem die üblichen – europäischen – Verdächtigen wieder: Umfangreiche Investitionen in Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge, ein rasant wachsendes Angebot öffentlicher Verkehrsmittel und ein Radwegnetz auf der Höhe der Zeit sichern Helsinki unter 65 Global Cities den ersten Platz. Amsterdam und Stockholm folgen auf den Rängen zwei und drei. Berlin und München müssen sich aber auch nicht verstecken. Die Landeshauptstadt schafft es im Urban Mobility Readiness Index auf Rang fünf, die Bundeshauptstadt auf Platz 10. 

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Der vollständige Report kann auf der Website des OliverWyman-Forums heruntergeladen werden. [https://www.oliverwymanforum.com/mobility/urban-mobility-readiness-index.html]