H-Bahn setzt auf Zukunft

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30. Juli 2024, 14:59 Uhr

Artikel: H-Bahn setzt auf Zukunft

Vor 40 Jahren startete in Dortmund die erste Großkabinen-Hängebahn. Damals war die Zeit für das System noch nicht reif. Jetzt könnte es so weit sein.

Schon 1984 zeugte der Name von Zukunftsoptimismus. Als vor 40 Jahren die Großkabinen-Hängebahn im Dortmunder Stadtbezirk Hombruch den Betrieb aufnahm, nannte man sie „H-Bahn“. Dass das ähnlich wie „U-Bahn“ klingt, ist kein Zufall. Damit verbunden war die Erwartung, dass der Ausbau des Nahverkehrs in dicht besiedelten Gebieten auf der Ebene +1 eine Alternative zu teuren U-Bahn-Projekten werden könnte. Daraus ist bislang wenig geworden. Zwar verbindet die vollautomatische H-Bahn nicht mehr nur den Campus Nord und Campus Süd der TU Dortmund miteinander, sondern fährt inzwischen weiter bis zum Dortmunder Technologiepark und nach Echlinghofen. Ein Folgeprojekt für das von Siemens verwirklichte System fand sich bislang aber nur am Düsseldorfer Flughafen, wo der „SkyTrain“ als Schwester der Dortmunder H-Bahn zwischen dem Fernbahnhof mit den Terminals pendelt.  

Nun nimmt das Konzept einen neuen Anlauf. Die Betreibergesellschaft H-Bahn21, eine Tochter des Dortmunder Stadtwerkekonzerns DSW21, will die derzeit rund 3,4 Kilometer lange Hängebahn durch einen Abzweig mit der Stadtbahnlinie 42 verknüpfen. Ein Gutachten dazu fiel deutlich positiv aus: Die standardisierte Bewertung zeigte, dass das Vorhaben wirtschaftlich darstellbar ist und es an potenziellen Fahrgästen nicht mangelt. Der Rat der Stadt Dortmund unterstützt das Projekt, das Land NRW stellte bereits 2021 Mittel für die Planungen zur Verfügung. Bis Ende 2025 soll die Erweiterung der Dortmunder H-Bahn nun im landesweiten ÖPNV-Bedarfsplan platziert werden. Auf diese Weise könnten öffentliche Fördermittel aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) bis zu 95 Prozent der Gesamtkosten von rund 50 Millionen Euro abdecken. 

Die Großkabinen-Hängebahn im Dortmunder Süden war das erste fahrer- und begleiterlose vollautomatische Beförderungssystem in Deutschland. Damit unterscheidet sie sich auch von ihrem historischen Vorbild, der Wuppertaler Schwebebahn. Während des Semesters befördert die H-Bahn täglich etwa 7.000 Fahrgäste, die meisten von ihnen Studierende. Die Kabinen mit 29 Sitz- und 16 Stehplätzen erreichen bis zu 50 km/h. Stolz ist die Betreibergesellschaft auf die Zuverlässigkeit des Systems: Die Verfügbarkeit liegt bei 99 Prozent.  

Mit der Erweiterung soll Weiterentwicklung der Technik einhergehen. Geplant ist zunächst eine Teststrecke, die im zweiten Schritt verlängert werden soll, um die H-Bahn mit der Stadtbahn zu verknüpfen. Auf dem Testabschnitt will H-Bahn21 eine neue Leit- und Sicherungstechnik erproben, die im Schienenverkehr bereits eingesetzt wird und einen neuen Standard für H-Bahnen etablieren soll. Neue Fahrgastkabinen sind ebenfalls vorgesehen. Je nach Trassierung der Anschlussstrecke werden bis zu fünf Fahrzeuge gebraucht. Elmar Middeldorf, Geschäftsführer H-Bahn21: „Wir reden von einer völlig neuen und richtungsweisenden Fahrzeug-Generation, die dann auch für H-Bahn-Projekte in anderen Städten und Ländern sehr interessant sein kann. Auch für das automatisierte Fahren auf der Schiene allgemein kann sie wichtige Impulse geben und Adaptionsmöglichkeiten aufzeigen.“ 

Middeldorf ist überzeugt, dass es für das H-Bahn-Konzept einen Markt gibt. Bei ihrem Start vor 40 Jahren sei das System der Zeit weit vorausgeeilt. Angesichts der notwendigen Mobilitäts- und Klimawende verzeichnet der H-Bahn21-Geschäftsführer inzwischen jedoch viele interessierte Anfragen. Einen weiteren Anwendungsfall könnte es auch in Dortmund selbst geben: Wenn das Stadtentwicklungsprojekt „Smart Rhino“ auf einer Industriebrache der Ruhrgebietsmetropole vorankommt, würde sich für die ÖPNV-Erschließung eine H-Bahn anbieten. Planungen dazu gibt es bereits.