Mit den Wanderstiefeln direkt in den Bus

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28. Mai 2024, 13:58 Uhr

Artikel: Mit den Wanderstiefeln direkt in den Bus

Vom Pilotprojekt zum Linienbus: Seit Mai bringt der MVV Ausflügler von München in die Berge. Weitere Regionen testen ähnliche Mobilitätsangebote.

Vor drei Jahren rollte der erste Bergbus von Bayerns Landeshauptstadt zu den beliebten Ausflugszielen ins Alpenvorland. Das Angebot des Deutschen Alpenvereins (DAV) sollte Bergsteiger dazu bewegen, das Auto in der Stadt stehenzulassen und gemeinsam anzureisen – ohne lästige Parkplatzsuche, umweltfreundlich und stressfrei. In der Testphase kam der Bergbus so gut an, dass er von diesem Jahr an in den Linienverkehr des Münchner Verkehrsverbunds (MVV) integriert wird.  

„Jeder eingesetzte Bus ersetzt 30 bis 40 Autos“, erklärte Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) bei der Vorstellung des Projekts. Von Mai bis Ende Oktober fahren Niederflurbusse auf zwei Linien Regionen an, die mit dem ÖPNV nur schwer zu erreichen sind – und das jedes Wochenende, samstags und sonntags. Die neue Linie 996 fährt dabei von München-Pasing über Schloss Neuschwanstein und Pfronten bis zum Unesco-Kulturerbe Wieskirche. Die andere Route startet am Münchner Ostbahnhof und führt als Linie 396 über Bayrischzell ins Leitzachtal zum Ursprungpass und weiter bis nach Tirol. "Der Startpunkt der Wanderung muss nicht der Zielpunkt sein und auf der Fahrt kann man dösen, schafkopfen oder lesen", sagt MVV-Geschäftsführer Bernd Rosenbusch.  

Mit mehr als 730.000 Fahrgästen pro Jahr und einer Beförderungsleistung von etwa 7,5 Millionen Personenkilometern zählt der MVV zu den größten Verkehrsverbünden Deutschlands. In den Verbundraum, zu dem die Planungsregion München (ohne Landsberg am Lech) sowie Landkreise aus Oberland und Südostbayern zählen, zieht es immer mehr Menschen. Das Verkehrsaufkommen steigt stetig. Hinzu kommt eine große Anzahl von Touristen zu allen Jahreszeiten. Seit Jahren klagen die Gemeinden in den Ausflugsgebieten, dass sie regelrecht zugeparkt werden.  

Das Busprojekt des Deutschen Alpenverbands verspricht da Abhilfe. In der Pilotphase 2023 nahmen 340 Fahrgäste an insgesamt 12 Fahrten teil, wodurch nach Angaben des DAV 8,9 Tonnen CO2 im Vergleich zur individuellen Anreise mit dem PKW eingespart wurde. „Wir sind nicht nur ein Bergsportverein, sondern auch ein Naturschutzverein und machen uns für eine nachhaltige Anreise stark“, sagt Hannah Trowal von der Sektion Oberland des DAV. 

Die Zahl der Regionen am Alpenrand, die sich für das Busangebot interessieren, steigt stetig. In Kempten beispielsweise kooperiert der DAV mit einem privaten Busunternehmen und bringt Bergbegeisterte mit sieben Linien an ihr Ziel. Von den oberbayrischen Bahnhöfen Bad Tölz und Lenggries fährt der rote Engbus bis ins Engtal. Das Angebot der Regionalverkehr Oberbayern GmbH (RVO) wurde zuletzt erweitert. 

Die Busse aus München werden, am Zielort angekommen, nicht parken und auf die Fahrgäste der Rückfahrt warten, sondern in den Linienverkehr vor Ort eingebunden. So soll der Busfahrermangel in den Landkreisen im Alpenvorland abgefedert werden. Da die beiden Bergbusse in das Tarifsystem des MVV integriert sind, berechtigt auch das Deutschlandticket zur Mitfahrt. Finanziert wird das Projekt sowohl von der Stadt München als auch vom Freistaat und den Landkreisen Ostallgäu und Miesbach, die Zielorte der Busse. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) schätzt die Kosten der Stadt auf eine halbe Millionen Euro, weitere 140.000 Euro steuert der Freistaat bei. Zudem übernehme das Land 40 Prozent des entstehenden Betriebskostendefizits. 

Die Busse bieten Platz für jeweils 55 Ausflügler und sind mit WLAN ausgestattet. Rollstuhlfahrer können mitfahren, die Mitnahme von Fahrrädern ist hingegen nicht möglich. Falls das Interesse das Platzangebot in den Bussen übersteigt, sei es grundsätzlich möglich, Verstärkerbusse einzusetzen, teilte die MVV mit und empfiehlt eine Sitzplatzbuchung, bevor es mit dem Bus in die Alpen geht.