Per Smartphone hören und sehen

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30. Januar 2025, 08:30 Uhr

Artikel: Per Smartphone hören und sehen

Intelligente Apps erleichtern seh- und höreingeschränkten Menschen die Mobilität. Custom übersetzt Fahrtinformationen, smartAIs erkennt Hindernisse.

Noch im Januar 2025 soll es so weit sein. Nach abschließenden Tests mit erweitertem Nutzerkreis wollen die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (vhh.mobility) eine Assistenz-App zur Verfügung stellen, die barrierefreie Fahrtinformationen für seh- und höreingeschränkte Reisende verspricht. Sie nennt sich „Custom“ und soll dafür sorgen, dass Anzeigen auf Abfahrtsmonitoren wahrgenommen werden können.  

Custom zeigt, was auf Monitoren steht  

Custom erkennt Monitore in der Nähe und dupliziert den Inhalt in Großdarstellung auf dem Smartphone-Bildschirm. Zusätzlich kann man sich die Information per Screenreader vorlesen lassen. Bei Betriebsstörungen hilft die App Reisenden, die Durchsagen nicht verstehen können. Sie können sich Informationen in Gebärdensprache auf dem Bildschirm anzeigen lassen. Allerdings müssen sie sich dazu an das Fahrpersonal wenden, das die zutreffende Auswahlmöglichkeit auf dem Smartphone aktiviert. Dass Custom Durchsagen versteht und abbildet, ist in einem zweiten Schritt vorgesehen.   

Eine weitere Funktion der App besteht darin, einem einfahrenden Bus von vhh.mobility den Mitfahrwunsch anzuzeigen. Der erscheint dann auf dem Bordcomputer des Fahrers oder der Fahrerin. So kann das Personal prüfen, ob der Zustieg erfolgt oder möglicherweise Hilfestellung notwendig ist. Die Fahrtanmeldung soll es zunächst nur auf den Linien von vhh.mobility geben, die Anzeige der Abfahrten aber an allen Haltestellen und für alle Verkehrsmittel im Hamburger Verkehrsverbund möglich sein. Die App Custom ist Teil des Bundesförderprogramms „Auf dem Weg zum Hamburg-Takt“. Für die Entwicklung haben mehr als 50 seh- und höreingeschränkte Menschen ihre Erfahrungen eingebracht. Eingeflossen sind darüber hinaus Erkenntnisse des Projekts BAFI (Barrierefreie Fahrgastinformation) der S-Bahn Hamburg, die bereits den Prototypen einer Assistenz-App entwickelt hatte.  

SmartAIs weist den Weg 

Speziell für seheingeschränkte Menschen wurde die Anwendung SmartAIs entwickelt. Dahinter steht ein Start-up, das mit seiner Idee den Deutschen Mobilitätspreis 2024 in der Kategorie „Digitale Transformation und KI“ nach München holte. Als digitales Auge fungiert SmartAIs, indem ein umgehängtes Smartphone die Umgebung des Trägers oder der Trägerin filmt. Eine KI wertet aus, wo Hindernisse den Weg versperren. Die Hinweise, wie sie zu umgehen sind, überträgt ein Knochenschallkopfhörer. Judith Faltl, Landesvorsitzende des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbunds e.V. und selbst blind, berichtet von ihrem Test: „SmartAIs ermöglicht mir eine neue Art des Gehens. Ich bewege mich viel entspannter, ohne Hindernisse zu berühren, stecken zu bleiben oder ständig unterbrochen zu werden.“  

Der zweite Prototyp der App wurde im Oktober 2024 fertiggestellt. Jetzt ist das Team dabei, die preisgekrönte Anwendung zur Marktreife zu führen. „Wir schätzen die aktuelle mediale Aufmerksamkeit, doch unser Hauptfokus liegt weiterhin auf der nutzerorientierten Entwicklung“, erklärt Sascha Preget, Geschäftsführer von SmartAIs. „Denn für uns zählt vor allem, ein Produkt zu schaffen, das echten Mehrwert bietet.“