Gemischte Gefühle

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20. Februar 2024, 09:59 Uhr

Artikel: Gemischte Gefühle

Der ADAC Monitor „Mobil in der Stadt“ liefert nicht nur Zahlen. Er zeichnet auch ein aufschlussreiches Stimmungsbild des mobilen Lebens in den Ballungsräumen der Republik.

Wie zufrieden sind Bewohner:innen und Pendler:innen mit der Mobilität in den 15 größten deutschen Städten? Der ADAC hat in den Städten und ihren Einzugsgebieten nachgefragt und mit dem ADAC Monitor 2024 nicht nur interessante Zahlen zutage gefördert, sondern auch spannende Einblicke in den alltagsmobilen Gemütszustand von Auto- und Radfahrer:innen, ÖPNV-Nutzer:innen und Fußgänger:innen gewonnen. 

Wie also ticken wir, wenn wir gerade zu Fuß, mit dem Fahrrad, im Auto oder mit dem ÖPNV unterwegs sind? Was ist uns wichtig? Was geht uns auf die Nerven? Wo verschanzen wir uns in der Konkurrenz um knappe Flächen hinter eigenen Interessen? Wo gibt es gemeinsame Positionen? Um die letzte Frage zuerst zu beantworten: E-Scooter sind bei allen Nutzergruppen gleichermaßen unbeliebt und verglichen mit dem ADAC Monitor von 2017 hat die Zufriedenheit über alle Fortbewegungsarten hinweg nachgelassen. Das war’s dann aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten. 

Ansonsten scheinen Wunsch und Wirklichkeit weiter denn je auseinander zu driften: Bei den Fußgänger:innen – unter allen vier Gruppen die Zufriedenste – ging die Zufriedenheit mit der Mobilität in der Stadt von 34 auf 25 von maximal 100 Index-Punkten zurück. Bei den ÖPNV-Nutzer:innen sank der Zufriedenheitsindex von 26 auf 17 und bei den Radler:innen von 15 auf vier Index-Punkte. Damit ging die Zufriedenheit in der Zweiradfraktion sogar noch stärker zurück als bei Autofahrer:innen, die sich am meisten über die Höhe der Parkgebühren, das Verhalten von E-Scooter-Fahrern und Baustellen ärgern, während Radfahrer:innen vor allem E-Scooter, Autos und andere Radler:innen ein Dorn im Auge sind. Dennoch ist der Motorisierte Individualverkehr unter dem Strich in einem völlig anderen emotionalen Orbit unterwegs als die Verkehrsteilnehmer:innen aus dem Umweltverbund: Schon 2017 gab es mit minus 6 Index-Punkten sechs Prozent mehr unzufriedene als zufriedene Autofahrer:innen. Im diesjährigen Mobilitäts-Monitor ging es mit minus 13 noch tiefer in den Index-Keller. 

Die Ursachen für den Abwärtstrend bringt ADAC-Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand auf den Punkt – und überrascht mit einem Aspekt, den kaum jemand auf dem Schirm gehabt haben dürfte: Einerseits hätten Flächenkonkurrenz und Überlastung der Infrastruktur infolge wachsender PKW-Bestände und angeschwollener Pendlerströmen objektiv zugenommen und die Zuverlässigkeit der Mobilitätsangebote abgenommen. Andererseits sei die Wahrnehmung durch Corona ein Stück weit verzerrt. „Die Einschränkung der Mobilität in der Pandemie“, so Hillebrand, „hat dazu geführt, dass die Straßen staufrei und Busse und Bahnen leer waren. Nun wird die Rückkehr zur Normalität als Verschlechterung empfunden.“ 

Ermittelt hat der ADAC die Indexwerte der einzelnen Fortbewegungsarten anhand von Leistungskriterien, die nach ihrer Relevanz für die Zufriedenheit der Befragten gewichtet werden. So fallen beim ÖPNV schon allein die drei Top-Kriterien Zuverlässigkeit, Taktung und verfügbare Direktverbindungen mit 39 von maximal 100 Punkten ins Gewicht. Bei den Autofahrer:innen bringen es die drei Top-Kriterien – möglichst staufreie Fahrt, Ampelschaltungen und Baustellenmanagement – sogar auf 49 Punkte. Radfahrer:innen wiederum liegen die Durchgängigkeit von Radwegenetzen, Verkehrssicherheit und Radverkehrsführung an Kreuzungen besonders am Herzen. Fußgänger:innen schätzen vor allem direkte Wege zum Ziel sowie durch Ampeln, Zebrastreifen oder Mittelinseln gesicherte Möglichkeiten zur Straßenüberquerung und breite Gehwege. 

Wie schon beim Mobilitäts-Monitor 2017 schneidet Dresden in der Gesamtbewertung auch dieses Mal wieder am besten ab und konnte seinen Vorsprung gegenüber Leipzig sogar noch vergrößern. Am unteren Ende des Rankings ist ebenfalls alles beim Alten geblieben: Köln und Duisburg bilden die beiden Schlusslichter. Das gilt auch für den ÖPNV, der dennoch in allen Städten besser abschneidet als der MIV. 

Aber auch wenn sich Dresdens Verkehrsbürgermeister Stephan Kühn völlig zurecht über das gute Abschneiden von Elbflorenz gefreut hat – aus der Perspektive von Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen dürfte aufschlussreicher sein, dass die Zufriedenheit mit dem ÖPNV vor allem die Wahrnehmung der städtischen Nutzer:innen widerspiegelt. Pendler:innen sind vom ÖPNV hingegen deutlich weniger begeistert. Besonders groß ist die Diskrepanz zwischen den beiden Nutzergruppen in Frankfurt, Stuttgart und München: Hier sind die Einwohner:innen mit dem ÖPNV rund vier Mal zufriedener als die Pendler:innen, während die Nutzergruppen in Berlin, Hamburg, Leipzig und Nürnberg nahezu gleichermaßen zufrieden sind. Absolute Ausreißer im Einwohner-Pendler-Vergleich sind die Schlusslichter Köln und Duisburg. Hier sind Pendler:innen deutlich zufriedener mit dem ÖPNV als die Einwohner:innen. 

Die 108 Folien starke Zusammenfassung der Ergebnisse des ADAC-Monitors 2024 „Mobil in der Stadt“ kann hier heruntergeladen werden. 

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Bildnachweis: Foto: ADAC/Stefanie Aumiller